Thomas Kunst und Philip Bollhorn haben als Braumeister den Aufbau und Werdegang der Brauerei Ratsherrn in Hamburg von Beginn an begleitet. Inzwischen hat sich die Brauerei vom Pionier zum Platzhirsch der neueren Bierszene in Hamburg entwickelt. Ausruhen kann sich Ratsherrn auf diesen Lorbeeren nicht. Demnächst stellen sie ihre neuen Biere vor: Es geht ums Pils.
Extravagante Hopfen-Spiele und provokante Bierkreationen, das sind nicht immer die Stärken von Ratsherrn. Ist auch gar nicht ihre Aufgabe. “Wir sind Türöffner in die Szene”, sagt Braumeister Thomas Kunst. “Unsere Biere sind von guter Qualität. Wir stehen für ausgewogene Produkte, die im Idealfall die Neugierde wecken auf weitere Bierexperimente.”
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Rund 20 Jahre arbeitete Thomas Kunst bei Becks. 2009 wechselte er nach Hamburg, zu Ratsherrn. Er baute die Brauerei mit auf und entwickelte die traditionellen Ratsherrn-Bierrezepturen weiter, holte sie in die Moderne. 2011 stieß sein Kollege Philip Bollhorn hinzu. Der wollte eigentlich als Brauer um die Welt reisen, konnte dem Angebot der Nordmann-Gruppe, welche hinter Ratsherrn steht, dann aber doch nicht widerstehen. 2012 schließlich kam das Ratsherrn Pils auf den Markt. Das war der Beginn von etwas Neuem in der Hansestadt: In Hamburg wurde wieder handwerklich gebraut.
“Als ich hier anfing, hatte ich keine Ahnung, wie vielfältig unsere Nachbarn in Sachen Bier bereits aufgestellt waren. Italien, Skandinavien, alle waren schon weiter als wir.” Thomas Kunst
Gedacht wurde bei Ratsherrn von Anfang an im großen Stil: Die Brauanlage erfüllt eine Kapazität von 50.000 Hektoliter/Jahr, ein Volumen, das Ratsherrn heute vollends ausschöpft. Ihr erfolgreichstes Produkt ist und bleibt mit Abstand das Pils, dann folgt das Pale Ale. Es ist nicht verwunderlich, dass Kunst und Bollhorn genau auf dieses Pils besonders stolz sind. Handwerklich von bester Qualität, sagt Thomas Kunst. “Das ist uns gut gelungen.” Beim Pils muss man eben wissen was man tut.
“Jetzt”, sagt Philip Bollhorn, “geht es ans Kanalisieren. Man muss sich darauf besinnen, was man kann und woher man kommt.”
Der 52-Jährige meidet das Wort Craft Beer. Man spürt, für ihn sind da draußen zu viele unterwegs, die eben nicht wissen, was sie tun. “Mit viel Hopfen”, sagt er, “kann man eben auch Fehler übertünchen.” Dennoch: Auch er ist ein Anhänger der Biervielfalt. Denn letzten Endes ist es eben jener Craft Beer Bewegung zu verdanken, dass er selber als Braumeister nach 20 Jahren Beruferfahrung Bier neu kennengelernt hat. “Als ich hier anfing, hatte ich keine Ahnung, wie vielfältig unsere Nachbarn in Sachen Bier bereits aufgestellt waren. Italien, Skandinavien, alle waren schon weiter als wir.”
Just Craft. Real Taste.
Axel Ohm, heute einer der Inhaber vom ÜberQuell in Hamburg, war es, der mit seinem Einstieg bei Ratsherrn die Richtung vorgab und der Brauerei den Craft Bier-Gedanken implementierte: Wer sich von den großen Industriebrauereien unterscheiden will, muss genau diesen Unterschied auch thematisieren. Es geht ums Handwerk. Just Craft. Real Taste.
So weit, so bekannt. Heute gehört der einstige Pionier zu den Platzhirschen in Hamburg. Bequemer wird es für die Braumeister durch diesen Status nicht. “Jetzt”, sagt Philip Bollhorn, “geht es ans Kanalisieren. Man muss sich darauf besinnen, was man kann und woher man kommt. Wir müssen überprüfen: Welche Sorten Bier brauen wir, was wollen wir.”
Und da sind wir wieder beim Pils. Im Zuge der Fokussierung hat das Ratsherrn-Team neue Pils-Biere entwickelt, die das bestehende flankieren werden. Am 15. August stellen Kunst und seine Brauer die neuen Pilssorten vor. “Pils”, sagt Philip Bollhorn, ” ist omnipräsent, aber trotzdem lange vernachlässigt worden. Dem wollen wir entgegenwirken.”
Die Zukunft ist also untergärig. Für Ratsherrn bedeutet diese Fokussierung, dass nicht jedes Bier, welches jetzt auf der Karte steht, auch in Zukunft Teil der Ratsherrn-Bierwelt sein wird. Für die Hamburger Brauerei bedeutet diese Weichenstellung auch, ihren Platz im Brauerei-Gefüge zu finden und Alleinstellungsmerkmale für sich zu sichern.
Ob das Ganze wirklich schmeckt und vor allem, wie, das erfahren wir ab dem 15. August. Prost!
Text/Fotos/ Beitragsbild: Regine Marxen
Insel-Frage
Welches Bier würdest Du mit auf eine einsame Insel nehmen?
Philip Bollhorn: Ein Sour Ale aus dem Hause Rodenbach
Thomas Kunst: Moby Wit
Termine
25.-26.8.18 Craft Beer Days 2018
Altes Mädchen, Lagerstraße 28b, Hamburg
Hingehen, 5 Euro Eintritt zahlen und mit Probierglas neue und altbekannte Brauer und ihre Biere kennenlernen!
8.9.18 Brauereifest in Wacken
Wacken Brauerei, Gehrn 13, Wacken
Verkostete Biere
Schneider Meine Hopfenweisse: traditionell gehopftes und mit Hallertauer Saphir kaltgehopftes Weißbier. Trüb, hopfig, erstaunlich fruchtig-frisch, vollmundig. Überzeugt auf der ganzen Linie. Aber Achtung: Das leckere Hopfenteilchen hat ordentlich Wumms. Ganze 8,2 Vol.-% hat es im Kasten. Eher ein Sundowner als Mittagsbierchen.
Ratsherrn Backyard Beach: Leichtes Summer Ale, das bestätigt, was ihr in diesem Podcast über die Ratsherrn-Bier-Philiosphie hören konntet: Es geht um Drinkability und Ausgewogenheit. Das Backyard kommt mit smarten 4,5 Vol.-% daher, hat eine leichte Bitterkeit im Abgang und punktet mit einer fruchtigen Orangennote. Unkompliziertes Sommer-Teil.
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3 thoughts on “#13: Thomas Kunst und Philip Bollhorn von Ratsherrn in Hamburg”