Laut, schnell, pulsierend, schlaflos: Madrid ist die Stadt der Bars und Brew-Pubs. Wir haben mit den Jungs von Brew Wild, dem Brew Pub von La Quince über Pizza, Bier und Braukultur gesprochen
von Regine Marxen
„Ich fand damals aufgrund der Wirtschaftskrise keinen anderen Job. Also wurde ich Brauer.“
Benjamin Martin, La Quince-Brauer
Das Brew Wild liegt ziemlich genau zwischen dem Plaza de Mayor und dem Prado im Zentrum von Madrid. Von außen wirkt der Laden kleiner, als er in Wirklichkeit ist. Im Erdgeschoss präsentiert sich das Brew Wild modern mit langem Tresen und Hähnen in Gitarrenform, im Keller ist das Ambiente dank der roten Backsteinwände kuscheliger.
Zwei Welten, ein Konzept: Seit rund einem Jahr serviert das Team um Mit-Inhaber Carlos Álvarez hier italienische Pizzas und gute Biere. Genauer gesagt: La Quince-Biere. Schließlich ist das Brew Wild Home-Pub der erfolgreichen Bier-Marke, die 2015 vom Untappd-Netzwerk zur besten spanischen Brauerei gekürt wurde.
Benjamin Martin ist einer der drei La Quince-Brauer. „Ich fand damals aufgrund der Wirtschaftskrise keinen anderen Job. Also wurde ich Brauer.“ Seine Geschichte ist kein Einzelfall: Die aufblühende spanische Bierkultur verdankt kurioserweise ihren Erfolg zu großen Teilen dem Zusammenbruch wirtschaftlicher Strukturen vor rund acht Jahren und dem Pioniergeist einer verlorenen Generation
Doch so schön das alles klingt: Leicht hat es die Biervielfalt auch hier nicht. Der Markt wird vor allem von einem Player dominiert: Mahou San Miguel. Das spanische Familienunternehmen unterhält vor den Toren Madrids mit einer installierten Kapazität von sieben Millionen Hektolitern eine der größten Braustätten Europas. Während der deutsche Biermarkt klagt, freute sich der spanische Mitbewerber 2017 über das nach eigenen Aussagen beste Ergebnis seiner Geschichte und den Umsatzanstieg von 3,1 Prozent auf 16,6 Mio. Hektoliter. In diesem Jahr veröffentlichte der Konzern seine Strategie für die kommenden Jahre. Der lokale Markt spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Goldgelb, eiskalt, sehr rezent, leicht, mit wässriger Note. Jahrzehntelang beherrschte dieser Geschmack den Madrider Biermarkt. „Mit Glück kamst du an ein Schneider und Weihenstephan heran“, sagt Benjamin Martin. Das hat sich mit Aufkeimen der Hopfenrevolution um 2011/12 grundlegend geändert: In den Schaufenstern und Regalen der kleinen Lebensmittelshops, die unseren Gang durch die Straßen flankieren, ja sogar im Asia Take Away, lagern unzählige lokale Bierspezialitäten, allen vorweg Biere aus dem Hause Cervezas La Cibeles (Ende 2018 kaufte Heineken die Mehrheit an der Brauerei), La Virgen oder Nómada Brewing, alles Brauereien der Stunde Null. Doch gerade letztere ist in der Madrider Independent-Brauszene nicht unumstritten: Denn Nómada Brewing ist Teil des Mahou San Miguel Konzerns. Schon früh hat das Unternehmen das Potential der Craft Beer Bewegung erkannt und unter anderem in kleinere nationale Brauereien investiert. Ganze 40 Prozent hält der Konzern an Nómada, weitere 42,9 Prozent an der Brauerei La Salve in Bilbao. 2019 plant der Bierkonzern zusätzlich die Gründung eines Co-Working-Spaces für Brauereien. Elf Millionen fließen in diesen Hub.
Zurück zu Brew Wild: Seit rund fünf Jahren gibt’s La Quince Biere. Sie sind Gypsy-Brauer, derzeit produzieren sie in drei verschiedenen Braustätten: Bei Mad Brewing in Madrid, bei Guineu in Barcelona und bei der Bidassoa Basque Brewery in Irun. In jeder der Brauereien haben die drei Jungs jeweils zwei Tanks für ihre Biere reserviert. „Funktioniert wunderbar“, sagt Benjamin. Rund 1000 hl Ausstoß hätten sie im Jahr. Carlos kenne man noch aus dessen Zeit als Bierblogger und Fotograf. Vor rund einem Jahr hätten sie mit weiteren Kumpels beschlossen, das Brew Wild zu eröffnen. „Bier und Pizza gab es so in Madrid noch nicht“, sagt der 38-Jährige. „Also haben wir das gemacht.“ Das Konzept kommt an, der Laden ist mehr als gut gefüllt. Links neben uns bestellt eine Isländerin ein Amber Ale, während rechts ein Amerikaner berichtet, dass er zum ersten Mal in Madrid sei – und sofort in diesem Laden gelandet sei. „Genau das wollen wir“, sagt Carlos. „Dass Locals und Reisende sich hier sofort wohl fühlen. Das ist Madrid, die Stadt der Bar-Kultur. Hier kommt auf 100 Einwohner mindestens eine Bar.“ Bierinteressiert war der 36-Jährige schon immer. Seine Leidenschaft lebte er unter anderem unter dem Namen Beer Xposer auf Instagram aus. „Gutes Bier war selten in Madrid. Ich erinnere mich noch an eine Party, bei der es Mahou und Schlenkerla gab. Da trank ich begeistert den ganzen Abend Rauchbier.“ Benjamin grinst unter seinem Cap mit Brew-Wild-Logo hervor und ergänzt: „Die Leute fragten immer: Magst du lieber San Miguel oder Mahou. Mal ehrlich, das ist austauschbar. Und sogar die selbe Firma.“
Wir essen unsere Pizza a la Mama mit Käse, Aubergine, Trüffelöl, Gorgonzola und Parmesan, genießen ein APA mit dem stolzen Titel Hop Fiction und den Ausblick auf 15 kunstvoll designte Hähne. Lauter Gitarrenhälse. Hier könnte man versacken. Tun wir nicht. Wir ziehen weiter. Aber wir kommen bestimmt wieder.
Ihr wollt mehr über die spanische Bierkultur erfahren? Hier geht es zum Podcast mit Estefanía Pintado von der Fábrica Maravillas in Madrid.
Mehr über Bier und Bars lest ihr hier.
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