Bierexkursion in Prag & Pilsen. Ein Audio-Reiseführer

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Die neue Pilsner Urquell The Original Beer Experience in Prag verspricht Biergeschichte im 4D-Format. Lohnt sich der Besuch? Wir haben’s getestet, geben Tipps für spannende Beer- und Food-Locations in Prag und reisen nach Pilsen, wo der erfolgreichste Bierstil der Welt geboren wurde. Ein Audio-Reiseführer für Bierfans.

Was hat die neue Pilsner Urquell The Original Beer Experience wirklich drauf? Lohnt sich die Reise nach Pilsen? Und wie steht es in Prag und Pilsen um neue Biere und die moderne Bierkultur? Wir waren auf Bierexkursion und haben spannende Orte entdeckt. Aber starten wir mit ein wenig Biergeschichte.

Bier ist in Tschechien ziemlich hoch aufgehängt. Man könnte sagen: Bier ist hier heilig. Das hat einen guten Grund. 1842 braute der bayrische Braumeister Josef Groll in Pilsen das erste Bier nach Pilsner Art ein. Es sollte ein Megaseller werden. Rund 70 Prozent der weltweit konsumierten Biere sind heute Pilsner Biere. Darauf ist man stolz in Tschechien – und pflegt die Brau- und Biertradition bis heute.

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Disclaimer: Dieser Podcast entstand in Zusammenarbeit mit der Tschechischen Zentrale für Tourismus – CzechTourism Deutschland, Berlin und Pilsner Urquell The Original Beer Experience im Rahmen einer Pressereise. Die Reise- und Übernachtungskosten sowie Eintrittsgelder wurden übernommen.


Die Pilsner-Erfolgsgeschichte: kein kühnes Kalkül, sondern Zufall

Diese Erfolgsgeschichte ist keinem kühnen Kalkül entsprungen. Sie war schlicht Zufall. Pilsen hatte im 13 Jh. das Braurecht erhalten und eine glanzvolle Zeit als Bierstadt erlebt. Im 19 Jh. aber kippte die Stimmung. Das Bier wurde immer schlechter. Zeitgleich eroberte ein neues, untergäriges Bier nach bayrischer Brauart den Markt. Die Bürger Pilsens wurden missmutig, es kam zum Bierstreit. 1838 leerten sie 36 Fässer Bier vor dem Pilsner Rathaus aus. 1839 bauten die 250 brauberechtigten Bürger eine Bürgerbrauerei mit moderner Technologie, um die Qualität ihrer Sude zu verbessern. Martin Stelzer holte schließlich den bayrischen Braumeister Josef Groll nach Pilsen. Der nahm seine untergärige Hefe mit – und stellte fest, dass sich diese mit dem tschechischen Saazer Hopfen und dem Pilsner Brauwasser bestens vertrug. Außerdem mälzte er die Gerste in einem besonderen Ofen aus Großbritannien, der mit einer indirekten Flamme heizte. Mit dieser neuen Brennmethode versengten die Körner nicht über offenen Flammen. So gewann Groll die Kontrolle über Farbe und Geschmack des Malzes. 1842 braute er mit diesen Zutaten das erste Bier nach Pilsner Brauart. Goldgelb, vollmundig, mit leichten Karamellnoten. Erst 1898 ließen die Pilsner ihr Bier als Schutzmarke eintragen. Das hat den Erfolg des Bieres wohl beflügelt. Außerdem wurden in dieser Zeit durchsichtige Bierkrüge modern, was die Popularität des Pilsner Bieres zusätzlich anfeuerte.

Das Pilsner Urquell Glas
Goldgelb, mit weißem, feinem und stabilem Schaum, vollmundig im Geschmack und mit leicht buttriger Note: Das Tankard-Glas setzt das Bier gut in Szene.

Pilsener Urquell im Wandel der Zeit

Das war der Beginn von Pilsner Urquell. Die politischen Systemwechsel Tschechiens hat die Brauerei gut überstanden. 1989, nach der samtenen Revolution, wurde sie privatisiert. Einige tschechische Banken und Kleinaktionäre kauften Aktien, jedoch wurde der größte Aktionär von ausländischen Unternehmen übernommen. Die japanische Holding Nomura übernahm das Geschäft und verkaufte Pilsner Urquell an South African Breweries (SAB Miller). Nach dem Zusammenschluss von SAB Miller und Inbev musste Pilsner Urquell aus kartellrechtlichen Gründen verkauft werden. Heute gehört die Marke zu Asahi.

Laut Unternehmen wird das Bier heute noch nach Originalrezept gebraut. Wer weiß. Was man allerdings weiß, ist, dass die Entscheidung vom damaligen Generaldirektor Pavel Gregoric, 1992 die Holzfässer, in denen das Bier bisher lagerte, gegen Edelstahltanks auszutauschen, viel diskutiert wurde. Das Holz aber war gepicht, es hatte wenig Auswirkungen auf das Bier. Der Qualität des Bieres tat die neue Brauweise keinen Abbruch. Noch heute lagern in dem 9 Kilometer langen Kellergewölbe auf gut 32.000 Quadratmeter Fläche zahlreiche Holzfässer, in denen das Lagerbier gärt. Zum einen stellt es laut Unternehmen eine Referenz dar für das Bier, das über der Erde in modernen Tanks reift. Zum anderen sind sie Marketing.

Fass im Keller Pilsner Urquell Brauereiführung
Referenzbier und Marketingobjekt: Gärfass im Kellergewölbe von Pilsner Urquell

Die Brauereiführung: eine Zeitreise rückwärts


Wer eine Brauereiführung bei Pilsner Urquell macht, geht auf eine Zeitreise zurück in die Vergangenheit. Man sieht das alte und neue Sudwerk, das Labor, die ultramoderne Abfüllanlage, die ohrenbetäubend laut in der Stunde 120.000 Liter Bier in Glasflaschen füllen kann. Das Ganze wird begleitet von Superlativen – 18 Sude täglich, 10.000 Liter Würze am Tag, ruft Tour Guide Anastasia der Besuchergruppe zu. Ja, beeindruckend. Der Gang durch die unterirdischen, in den Fels geschlagenen Gär- und Eiskeller aber gehört zum eindrücklichsten Part der Brauereiführung. Jedenfalls für die Autorin dieser Zeilen. Bier- und Braugeschichte wird in dieser Umgebung fühlbar.

Pilsner Urquell in Pilsen Braumeister
Seit 1958 bei Pilsner Urquell: Josef Haller

Wenn Braumeister Josef Haller, der seit 1958 bei Pilsner Urquell arbeitet, dann noch ein ungefiltertes Pilsner Urquell direkt vom Fass zwickelt, schlägt das Herz des einen oder anderen Bierliebhabenden höher. Selbst der mit hippen Sportanzügen uniformierte Stammtisch auf Männerausflug nippt bedächtig am Glas. Bierbrauen ist Handwerk und das Getränk ein Naturprodukt. Mit diesem Gefühl verlässt man den Brauereikomplex in Pilsen. Laut Welt werden hier 11 Millionen Hektoliter Bier im Jahr gebraut. Unter der Erde sah es ganz gemütlich aus.

Braugeschichte in 4D: Pilsner Urquell The Original Beer Experience in Prag

Bier-und Braugeschichte im 4D-Format, interaktiv, immersiv, multimedial, sensorisch, das verspricht die neue Pilsner Urquell The Original Beer Experience in Prag (PU TOBE). Sie liegt direkt am Fuße des Wenzelsplatzes, dort, wo die Fußgänger- und Einkaufsstraße beginnt. Wer mit dem Zug anreist (von Pilsen ist es rund eine Stunde Fahrzeit), kann vom Hauptbahnhof entspannt über den Wenzelsplatz dort hin spazieren – oder mit der U-Bahn Richtung Muzeum fahren. Dann steigt man direkt am Wenzelsplatz aus.

Pilsner Urquell The Original Beer Experience Prag
Brand Story an einem prominenten Platz: Pilsner Urquell The Original Beer Experience im sanierten Stadtpalais in Prags Altstadt.

Mitte April hat die Ausstellung eröffnet. Betrieben wird sie von The Original Experience Company (TOEC), einem Zusammenschluss aus unterschiedlichen Unternehmern und Investoren. Die Company ist Lizenznehmer von Pilsner Urquell – und will die Marke in Prag erlebbar machen. Schon lange hätte Pilsner Urquell (Plzeňský Prazdroj) davon geträumt, eine Heimat für die eigene Markenstory in Prag zu finden, sagt Ondřej Veselý, Head of Sales & Marketing bei TOEC. Die Kooperation der beiden Unternehmen hätte es möglich gemacht. Zwei Jahre hätte man daran gearbeitet und rund 20 Millionen Euro investiert. Für die Konzeption der multimedialen Inhalte ist BRC Imagination Arts verantwortlich.

PU TOBE Prag
Die Kopfhörer sind sensorgesteuert, die Hände haben Freizeit.

Die Tour läuft ohne Guide ab. Der Inhalte kommen via Audio-Guide über einen sensorgesteuerten Kopfhörer. Der Sound klingt satt und das Storytelling mit all seinen visuellen Effekten macht Spaß. Der Ausflug in die Geschichte der Marke Pilsner beginnt mit dem Ursprung des Bieres in Böhmen, berichtet über den Aufstieg und Fall der Bierstadt Pilsens und dem daraus resultierenden Bierstreit. Danach betritt man eine Bar-Szenerie mit Tresen, erlebt den grantelnden Josef Groll als an der Wand hängendes Gemälde im Zwiegespräch mit einem Barkeeper. Der zapft den Besucher*innen nebenbei ein Bier. 4D, richtig, da war doch was.

Ok, jetzt geht es in die Praxis. Wofür steht die Marke? Spoiler: Es geht um den Schaum. Er ist essenziell fürs Bier und hält es frisch. Besser als das Pilsner Urquell hier vor Ort schmecke nur das ungefilterte Pilsner Urquell (PU), sagt Barkeeper Peter. Das gibt’s im August in PU-Bars in Pilsen. Nur dann – und bei der Brauereiführung. Weiter geht’s, zum letzten Teil der Tour. Hier dreht sich alles um den Brauprozess und um die Rohstoffe, um das Kochen von Suden (die Temperatur steigt im Raum) und das kühle Lagern der Biere (ein kühles Lüftchen weht). “Viele Menschen wissen nicht, wie Brauen überhaupt funktioniert”, sagt TOEC-General Manager Nick Penny. Kleine Effekte wie die Temperaturwechsel sollten dazu beitragen, den Prozess zu verstehen. Nick sitzt auf einer der großen Bänke an einem der Holztische, die sich rund um den zentralen Tresenbereich in der Beer Hall reihen.

Pilsner Urquell Experience
Instagramable Eingangsportal

Sie markiert den Abschluss der rund 90-minütigen Tour. Drei Münzen erhält man zu Beginn der Tour, hier darf man sie in Probier-Biere umsetzen. Richtig gemütlich ist die Beer Hall nicht, im Hintergrund dudelt laute, auswechselbare Popmusik. “Wir wollen auch junge Leute erreichen”, sagt Nick und lächelt. Er ist Brite. Höflich, zuvorkommend, auch dann, wenn Fragen ihn irritieren. Zum Beispiel die nach der Musikauswahl. Begonnen hat er seine Karriere im Whiskygeschäft, wechselte dann zu Guinness, arbeitete für große Brauereien als Commercial Director oder als Business-Stratege – und soll jetzt die PU TOBE voranbringen. Fünf Prozent der Übernachtungsgäste in Prag wolle man mit der Brand Story erreichen. Dann wäre die Unternehmung bereits ein Riesenerfolg, so Ondřej Veselý. “Die Marke hat Strahlkraft, die Leute lieben sie”, sagt Nick Penny. Den Vergleich mit der Brauereiführung in Pilsen will er nicht ziehen. “Wir machen hier etwas vollkommen Neues, Modernes. Das Erlebnis dort vor Ort, das können und wollen wir nicht reproduzieren.”

Tapster-Gang Pilsner Urquell
Lernen von den Profis: das Team von der Tapster Academy (Foto: PU TOBE)

Lernen von den Tap-Stars: Tapster Academy

Bierzapfen ist eine Kunst. Jedenfalls in Tschechien. Weil der Schaum so wichtig ist, muss dieser natürlich auch möglichst gut und kontrolliert ins Glas kommen. Wie das funktioniert, lernt man in der Tapster Academy. Sie ist Teil der PU TOBE. Man kann sich alleine, aber auch als Gruppe einbuchen. Kennt ihr schon die wichtigste Regel beim Zapfen? Sie lautet “Don’t panic”.

Fazit: Pilsner Urquell The Original Beer Experience – lohnt sich der Besuch?

Die PU TOBE ist kein Museum. Sie ist eine Brand Story und somit werblich. Die Inhalte aber sind gut recherchiert, modern inszeniert und lustig verpackt. Einsteiger:innen und PU-Fans können wir die Tour empfehlen. Wer sich bereits perfekt mit der Marke PU und der Geschichte rund um die Geburt des ersten Pilsner Bieres auskennt, dem dürfte das Ganze wenig Neues erzählen.

Ob es den Besuch der Tapster Academy wirklich braucht, das muss jede und jeder selber entscheiden. Sie macht Spaß, die Barkeeper und Tapster-Heroes haben wirklich Ahnung vom Bier. Am meisten Freude dürfte das Ganze in der größeren Gruppe machen.

Kosten: PU TOBE Tour: 490 CZK (ca. 21 €), Tapster Academy 659 CZK (ca. 28 €). Mehr Infos findet ihr hier.

Und wer einfach nur so einmal PU TOBE-Luft schnuppern will, ohne Eintritt zu zahlen, dem raten wir zu einem Besuch der Straßenschänke Výčep u Zvonu gleich nebenan. Dort gibt es neben dem klassischen Lager auch das Kozel Dark. In der Bar dirkt egenüber gibt es übrigens Budvar. Willkommen in Prag. Verdursten wird hier keiner!

Bier in Prag
Die Uhr schlägt in der PU TOBE immer 1842.

Ausgewählte Tipps für Bierbars in Pilsen

  • U Salzmannu. Ältestes Restaurant und Gästehaus in Pilsen, Tankbierbar.
  • Kegzistence. Craftbeer-Bar und Bottle Shop

Tipps für Bierbars in Prag

  • U Pinkasù. Bar, die in Prag als erstes Pilsner Urquell ausgeschenkt hat. Traditionell.
  • U Kunštátů. Craftbeer Bar in der Altstadt. Super Auswahl an Sauerbieren und sehr gut gefüllter Kühlschrank. Biergarten im Hofinneren.
  • Automat Matuška. Moderne Mikrobrauerei und Taproom im Wohnviertel Bubeneč. Unmittelbar gelegen bei der Metrostation Hradcanska, Moderne Biersteile (IPA, APA) und Lagervarianten, modernes Ambiente mit Elektromusik
  • Pivovar Bubeneč. Mikrobrauerei und Restaurant. Speisen aus lokalen Zutaten, feine Bierauswahl. Zum Beispiel ein tolles Brut IPA. Klein und gemütlich.
  • Hostinec Na Slamníku. Gemütliches Speiserestaurant mit feiner, klassischer Bierauswahl. u.a. von Únětický pivovar
  • Dva kohouti. Mikrobrauerei mit Taproom. Modernes Ambiente, gute Bierauswahl.

Weiterführende Links

Nationalmuseum Prag
Manifesto Market Anděl
Pilsen in der Bauwelt (Artikel)
Uwe Ebbinghaus und Stanislav Prochazka über Pilsner Urquell (Faz)

Termine

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HHopcast ist ein Original Sounds and Pods-Podcast von Regine Marxen und Stefan Endrigkeit. Redaktion & Moderation: Regine Marxen und Stefan Endrigkeit, Produktion & Sounddesign: Stefan Endrigkeit, Text & Redaktion Blog: Regine Marxen
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