HHopcast Bierwissen Interview Grutbier: Jürgen Knoke vom Verein Kölner Bierhistoriker e.V.

Interview Grutbier: Jürgen Knoke vom Verein Kölner Bierhistoriker e.V.

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Auch am Rhein ist man dem Grutbier auf der Spur. Jürgen Knoke von den Kölner Bierhistorikern weiß mehr.

HHopcast: Herr Knoke, wie hoch war eigentlich die Abgabe auf Grut im Mittelalter?
Jürgen Knoke: Die ist weitgehend unbekannt. Eine erste urkundliche Erwähnung der Grut stammt in Köln aus dem Jahre 1154. Was wir wissen, ist, dass das Thema wichtig für die Kommunen war. Finanziell und auch darüber hinaus.

Wie meinen Sie das?
Die Qualität des Bieres war wichtig, auch deshalb wurde auf eine gute Grut geachtet. Das hatte etwas mit Bürgerzufriedenheit zu tun. 1420 stellt die Stadt Köln die Brauerin Sophie von Broickhuysen ein, die den Kölner Brauern das Grutmachen beibringen sollte.

Hatte jede deutsche Stadt ein eigenes Gruthaus?
Man geht davon aus, dass es in den meisten Großstädten Grutbestimmungen gab. Aber das Thema ist schwierig, Grut befindet sich quasi im Nebel, weil die Quellenlage so schlecht ist. Es wurde einfach wenig dokumentiert. Unsere einzigen Quellen sind Bestell- oder Inventarlisten von Grutpächtern und andere historische Aufzeichnungen. Hinzu kommt, dass große Teile unseres Wissens über Kräuter quasi verschüttet sind.

Man kann aber davon ausgehen, dass jede Region ihre eigene Grut hatte, oder?
Ja, und die Grutmischung war ein gut gehütetes Geheimnis. Die Leute sollten ja nicht schwarz brauen können. In Münster wurde deshalb eine Art Sirup eingekocht und verkauft, in Köln wurde der Grut geschrotetes Malz hinzugefügt, um die Zusammensetzung der Kräuter zu verschleiern.

Gibt es Anhaltspunkte, wie die Grut in Köln aussah?
Gagel und Wacholder waren die Hauptbestandteile, weiterhin gehörten Lorbeer,Ingwer, Anis und Kümmel in die Mischung. Ich habe das den Aufzeichnungen des Historikers Wilhelm Scheben aus dem Jahre 1880 entnommen, der das Inventar und die Einkaufsliste des Kölner Grutpächters Hermann von Goch aus dem 14. Jahrhundert analysiert hat.

Wie sieht es mit Hopfen aus?

Grut und Hopfen schließen sich nicht aus. So lässt der Kölner Rat 1408 jeweils Grutbier und Hopfenbier probebrauen – dies ist die erste Erwähnung des Hopfenbieres in Köln. 1438 brauen 4 der 21 Brauhäuser Hopfenbier. Hopfenbier verdrängt langsam Grutbier, wobei In Gebieten, in denen Gagel geerntet werden konnte, sich Grutbier länger gehalten hat.

Man liest immer wieder vom rituellen Brauen im Mittelalter und der teils durchaus gewollten halluzinoiden Wirkung, die das Bier hatte…
Schöne Geschichten. Tatsache ist, dass es neben dem Alltagsbier auch sogenannte Medizinalbiere gab. Aber das ist ein Feld für sich. Ich denke, dass halluzinoide Wirkungen und das Bier als Rauschmittel eher eine Randerscheinung war.

Wann ist denn ein Grutbier heute ein echtes Grutbier? Und nicht nur ein Kräuterbier?
Ich finde es schwierig zu definieren, weil die Quellenlage wie gesagt indifferent ist. Grut heißt die mittelalterliche Kräutermischung. Aber wer weiß schon, wie die genau aussah und wie das Bier schmeckte? Insofern: Alles, was versucht, sich dem Thema anzunähern und es auch zu übersetzen, kann ein Grutbier sein.

Kontakt zu den Kölner Bierhistorikern e.V. gibt es hier: koelnerbierhistoriker.org
Dieses Interview erschien erstmalig in der Meiningers Craft 2/2020.
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